Alexander Königs

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Songwriter and Composer

Music is magic...

Das letzte Lied

Für Victor Jara

 

Mutter, komm, leg’ dich nieder,

kannst doch lang’ schon nicht mehr

und schon’ die zerschundenen Glieder,

die Arbeit im Feld war so schwer.

All die Jahre vorbei, alle Ängste zerronnen, die Tage der Armut gezählt.

Meine Stimme, Dein Volk, hat die Wahlen gewonnen und mit Allende die Freiheit gewählt.

Wir kämpften den Kampf der Gerechten

und sangen für Freiheit und Brot,

gegen Großgrundbesitz und die Schlechten,

gegen Ausbeutung und uns’re Not,

gegen hungernde Mäuler und blutende Hände, die Arbeit der Kinder im Feld,

eine Schale voll Mais um den Hunger zu still’n und der Rest wird für and’re zu Geld.

Nun wird alles gut, wenn wir nur aufrecht geh’n,

vielleicht reicht’s sogar für etwas Geld,

die Wahrheit wird siegen, Du wirst es noch seh’n

und meine Lieder, die singe ich weiter - für eine bessere Welt:

 

Ref.: Nur immer der Sonne entgegen, Ihr Brüder, wir sind nicht allein,

    Morgen schon werden wir siegen, nur um frei, frei, frei um frei zu sein.

 

Es hat alles so gut begonnen,

viel besser als alles vorher.

Nun scheint mir, ist alles zerronnen,

ich höre die Lieder nicht mehr.

Ein ungutes Ahnen kriecht durch die Gassen, so kalt, dass der Atem gefriert,

verzweifeltes Suchen vorm Radio nach Stimmen, denn keiner weiß, was gerade geschieht.

Keine Nachricht – die Sender geschlossen,

von nächtlichen Schatten gestürmt,

vielleicht wird schon morgen geschossen,

geschossen, auf jeden, der türmt.

Die Straßen, sie leeren sich unabgesprochen, wie im Sturm vor dem lauernden Riff,

selbst Ratten habe schon Lunte gerochen, verlassen ein längst verurteiltes Schiff.

Wer ist es, der „Unrecht“ in sein „Recht“ umtauft,

der Profit über Menschenrecht stellt,

der nebst Militär ganze Regierungen kauft,

der „sein Recht“ für „Gerechtigkeit hält?

 

Ref.: Nur immer der Sonne entgegen, Ihr Brüder, wir sind nicht allein,

    Morgen schon werden wir siegen, nur um frei, frei, frei um frei zu sein.

 

„Verrat“ flüstert es in der Stille,

noch trügt sie, die Ruhe der Nacht.

Noch trägt uns der eiserne Wille,

wir haben es so weit gebracht

Die Zeitung schreibt 11. September im Jahr ‚73, ein sonniger Tag,

doch wer mag noch glauben, was Zeitungen schreiben, ob selbst nur ein Datum noch stimmen mag.

Wir hatten das Ziel uns’res Lebens,

für den Traum gelebt und ihn erreicht.

Ich weiß wohl, es war nicht vergebens,

heut’ Nacht zweifle ich das es reicht.

Zu grausam die Macht derer, die übrig blieben: Establishment und großes Geld,

sie kaufen sich heute, wie gestern, die Medien und dorthin blickt morgen die Welt.

Heut Nacht noch verklingen die Stimmen, die sangen

von Freiheit, von Gleichheit und Recht.

Die Zeitung wird schreiben, sie sind fortgegangen,

doch die nächtlichen Schreie im Nachbarhaus sind alle echt.

 

Ref.: Nur immer der Sonne entgegen, Ihr Brüder, wir sind nicht allein,

    Morgen schon werden wir siegen, nur um frei, frei, frei um frei zu sein.

 

 

Das letzte Lied ist geschrieben,

die letzte Zeile vollbracht.

Ihr Brüder, wo seid Ihr geblieben?

Was haben sie mit euch gemacht?

In finsteren Kellern zusammengetrieben, wie Vieh, die zerschundene Fracht,

zerbrochen, gefoltert, getrennt von den Lieben, die Ernte zertreten in nur einer Nacht.

Im Morgengrau’n sind sie gekommen,

keine Nachricht, kein Zeitungsbericht.

Sie haben uns mit sich genommen,

nur den Willen, den brachen sie nicht

Sie brachen mir Hände, mich niederzuzwingen mit Kolben aus grausamem Stahl,

dass ich nicht mehr spiele von Freiheit zu singen und für ihre Ängste nun endlich bezahl.

Die Wahrheit ist käuflich und hat ihren Preis,

es wird sein, wie es immer geschieht.

Die Geschichte der Welt ist genug an Beweis,

so singe ich nun für die Nacht … mein letztes Lied:

 

Ref.: Nur immer der Sonne entgegen, Ihr Brüder, wir sind nicht allein,

    irgendwann werden wir siegen, nur um frei, frei, frei um frei zu sein.

 

Alexander Königs, 7. Dez 2009

 

Aus vielerlei Gründen bin ich dem Land Chile, seinen Menschen und damit auch seiner Geschichte sehr verbunden. Wie lebendig das hier besungene Kapitel chilenischer Geschichte auch heute noch in den Köpfen vieler junger Menschen lebt, erfahre ich ständig bei meinen Aufenthalten dort. Eng verwoben mit den Ereignissen des Militärputsches im Jahre 1973 ist der Name von Victor Jara, der als Systemkritiker und Sänger eine Leitfigur des Widerstandes gegen die Militärdiktatur in Chile wurde.

Victor Jara wurde in den ersten Tagen des Putsches gefoltert und ermordet.Ich hatte vor Jahren die Gelegenheit seine Witwe, Joan Jara, kennenzulernen. Die Begegnung mit dieser austergewöhnlichen Frau hat mich nachhaltig beeindruckt - ebenso ihr Vermächtnis und ihr Roman „Das letzte Lied“, in dem sie das Leben ihres ermordeten Mannes sehr berührend erzählt hat. Joan und Victor sind für mich zwei Menschen die die Geschichte ihres Landes bis heute sehr aktiv mitgestaltet und beeinflusst haben.

 Ich hatte Joan gebeten ein Lied über Victor schreiben zu dürfen und ich freue mich, dass es mir nach einigen Jahren nun endlich gelungen ist.

In Anlehnung an Victors letzte Zeilen trägt auch mein Lied den Titel „Das letzte Lied“.